Lang anhaltender Applaus einer kleinen Gruppe gab es für Herlinde Koelbl und ihre Ausstellung „Kleider machen Leute“. Herlinde Koelbl ist eine der meistdiskutierten und renommiertesten Porträtfotografinnen der letzten Jahrzehnte. Mit charmantem Lächeln bedankte sie sich für die Anerkennung. Ihre Lockenpracht, farblich irgendwo zwischen Orange und Pumuckel-Rot, schüttelt sie wie schon zuvor bei ihren gestenreichen Erläuterungen zu großformatigen Porträts von Menschen aus der ganzen Welt.
Coronabedingt gab es keine Vernissage. Landrat Martin Kistler dankte der Künstlerin für die lange Anfahrt aus München zum spontanen Besuch: „Alle sind hungrig auf Kultur.“ Und das Grundnahrungsmittel Kultur lockte neben Vertretern der Politik, unter ihnen Bürgermeister Michael Scharf, Rita Schwarzelühr-Sutter, Sabine Hartmann-Müller, Niklas Nüssle und Peter Schallmayer, auch eine kleine Schar Kunstinteressierter ins Schloss.
Das Wort Uniform wird von vielen nur im Zusammenhang mit dem Kombattantenstatus beim Militär verwendet, darüber hinaus spiegelt diese als Berufsbekleidung die Zugehörigkeit zu einem Verband, einem Berufsstand und verändert die Wirkung und die Haltung der Person wider. Denn „als Vertreter stehen sie für etwas“, wie Herlinde Koelbl formuliert. Dies ist weiterhin aktuell wie bereits 2012, als der Bildband zu dieser Ausstellung zum ersten Mal aufgelegt wurde. Zeitlich lang ausgelegt sind die Projekte der Fotografin, die sie in die ganze Welt führen. So hängen an den Wänden unter anderem Fotografien vom Jäger, Metzger, einem Bischof aus Deutschland (den sie in Zivil fast nicht mehr erkannt hätte), von Asiaten wie die einer Geisha oder einem japanischen Gärtner. Und der deutsche General der Luftwaffe hat sogar seine Hand nonchalant in der Hosentasche der Uniformhose.
Erklärende Worte aus den, den Fotografien beigefügten Interviews sind allesamt von den Porträtierten autorisiert. „Ich bin keine bezahlte Hoffotografin“, erklärt Herlinde Koelbl. Sie hatte stets ihr mobiles Studio mit „Koffern voller Licht und neutralen Hintergründen“ aufgebaut. Lange Vorgespräche gab es nie, den Porträtierten gab sie keinerlei Anweisungen. Sie sollten sich so darstellen, wie sie es wollten. „Hochspannend und aufschlussreich“ waren die Ergebnisse auch für sie selbst. „Leben und Kultur sind das Thema. Und immer wieder die Uniform als Identifikation.“ Die Besucherschar in Bonndorf lauschte den Ausführungen zum Projekt und Details zu Personen. Etwa zur Nonne mit dem kurzgeschnittenen Haar als Symbol der Abgerücktheit vom weltlichen Leben. Oder zu einem besonderen Bild, wo der Porträtierte im reiferen Alter betonte, dass es ohne seine Uniform nur ein Bildnis ganz ohne Kleidung geben darf.
Demnächst feiert Herlinde Koelbl 82. Geburtstag. Keine Spur von Müdigkeit bei ihr zu erkennen, die schon früh als Journalistin tätig war, als Fotostrecken noch Magazine bereicherten. Sie war eine der ersten Fotografinnen, die sich erfolgreich dem Medium Film zuwandte. Zuletzt hat sie Wissenschaftler aus der ganzen Welt porträtiert, „Faszination Wissenschaft“. Und im August ist sie bei Angela Merkel. Exklusiv wird sie ihre Kamera mit dem gleichen Film bestücken, den sie schon bei den ersten Aufnahmen mit ihr verwendete. Ausstellung und Buch „30 Jahre Angela Merkel“ werden daraus entstehen. Die Bundeskanzlerin ist übrigens eine der Wenigen, die noch nie den Versuch machte, Einfluss zu üben, welche Fotografien von ihr veröffentlicht werden dürfen.